Dissertationsvorhaben der 2. Kollegiatenstaffel         Dissertationsvorhaben der 1. Kollegiatenstaffel    
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Entwicklung eines Inbetriebnahme-Assistenten für die einfache und schnelle Programmierung von Industrierobotern
Performance Management im Produktionsanlauf
Reaktives Qualitätsmanagement
Agiles Vorgehensmodell zum Management komplexer Produktionsanläufe in Unternehmen mit mittelständischen Strukturen
Anlauforientierte Technologieplanung zur Auswahl von Fertigungstechnologien
Diskrete Migration als Anlaufstrategie für Montagesysteme
Supply-Chain Optimierung für das Anlaufmanagement
Nutzenbewertung logistischer Reaktionsfähigkeit im Serienanlauf
Wertorientierte Fabrikplanung
Synchronisations- mechanismen für die Fabrikplanung
Complementarities and Contingencies of Organizational Responses to Product Change
Qualitätsorientiertes Management von Serienanläufen - Konzeption eines Gestaltungsmodells
Nutzenbewertung logistischer Reaktionsfähigkeit im Serienanlauf
Jerome Quick

Der Begriff der Supply-Chain bezeichnet allgemein ein logistisches Netzwerk von Unternehmen, welche durch Material-, Finanz- und Informationsflüsse miteinander verbunden sind und dessen Ziel es ist, einen Wertbeitrag aus Sicht des Kunden in Form von verkaufsfähigen Produkten zu generieren [CHRI05]. Der logistische Bezug zum Kunden als Abnehmer des Produktes wird im Serienanlauf, d. h. nach Laick (2003) dem Anlauf eines innovativen bzw. neuen Produktes, ab der Markteinführung hergestellt. Diese Phase des Serienanlaufs lässt sich aus logistischer Perspektive insbesondere über die Attribute der hohen Unsicherheit bezüglich des zu erwartenden Nachfrageverhaltens und der Volatilität des Absatzmarktes sowie dem Verfügbarkeitsrisiko kritischer Komponenten in der Beschaffung charakterisieren [MASO00], [VONDE06]. Kürzer werdende Produktlebenszyklen verstärken diese Unsicherheit und haben zur Folge, dass nicht nur die Frequenz der Anläufe innerhalb einer Supply-Chain zunimmt, sondern dass der monetäre Produkterfolg maßgeblich durch eine erfolgreiche Markteinführungsphase determiniert wird. Die Unsicherheit bezüglich des realen Absatzverhalten des Neuproduktes ergibt sich durch die Notwendigkeit der Schätzung von Bedarfen auf Basis vergangener Produktbedarfe ähnlicher Produkte, die somit eine Anpassung der Supply-Chain noch in der Markteinführungsphase notwendig machen, um entweder den entgangenen Gewinn oder Überbestände, und somit Kapitalbindungs- und Obsoleszenzkosten, zu reduzieren.
Diese skizzierten Attribute gewinnen einerseits durch die makroökonomischen Entwicklungen weiter an Bedeutung, andererseits stellen sie den Bedarf an eine Bewertung der Reaktionsfähigkeit von Supply-Chains innerhalb der Phase der Markteinführung in den Vordergrund, da der wirtschaftliche Erfolg von Produktneueinführungen zunehmend von der logistischen Reaktionsfähigkeit auf exogenen Ereignisse im Anlauf, beispielsweise einer deutlich erhöhten Produktnachfrage, beeinflusst wird.

Das Promotionsprojekt „Nutzenbewertung logistischer Reaktionsfähigkeit im Serienanlauf“ greift diese Problemstellung auf und stellt die folgende Forschungsfrage:

„Kann eine Nutzenbewertung logistischer Reaktionsfähigkeit im Serienanlauf methodisch unterstützt werden?“

In diesem Zusammenhang wird im Rahmen der Dissertation die Supply-Chain im Sinne der Systemtheorie als zeitdynamisches System betrachtet, dessen Reaktion auf system-exogene Ereignisse sich mit Hilfe von Methoden der Systemtheorie erklären und bewerten lässt. Die Reaktionsfähigkeit wird hierbei als die Fähigkeit eines Systems zweckmäßig und innerhalb einer angemessenen Reaktionszeit auf exogene Ereignisse zu reagieren verstanden. [HOLW05], [REIC07] Übertragen auf das System der Supply-Chain beschreibt diese somit die Fähigkeit der Supply-Chain innerhalb eines vordefinierten und -konfigurierten Flexibilitätskorridors zielgerichtet sowie innerhalb einer angemessenen Reaktionszeit auf Änderungen im antizipierten Nachfrageverhalten zu reagieren.

In einem ersten Arbeitsschritt wurde eine Strukturierung, Beschreibung und Quantifizierung der logistischen Zielgröße der Reaktionsfähigkeit vorgenommen. Hierbei erfolgte einerseits eine zeit- und objektbezogene Unterscheidung in die strategische und operative Reaktionsfähigkeit der Supply-Chain sowie andererseits die Unterscheidung in die externe Reaktionsfähigkeit gegenüber Änderungen im Nachfrageverhalten des exogenen Marktes und in die interne Reaktionsfähigkeit, welche die Fähigkeit operationalisiert, die Konfiguration der Supply-Chain in der Markteinführungsphase zeitnah anzupassen. Als marktorientierte Messgröße bildet die Reaktionszeit die erste Bewertungsdimension der Reaktionsfähigkeit, während die durch Konfigurationsentscheidungen determinierten und beeinflussten Supply-Chain-Kosten die interne, zweite Dimension repräsentieren. Weitergehend wurden die Wirkzusammenhänge zwischen diesen Messgrößen und den Elementen eines produktbezogenen Zielsystems, welches den monetären Produkterfolg als Ober- und Fundamentalziel aufweist, analysiert.
Die Beschreibung und Synthese von Referenz-Supply-Chain-Konfigurationen bildete den nachfolgenden Arbeitsschritt im Dissertationsprozess. Diese Referenz-Supply-Chain-Konfigurationen wurden basierend auf Literaturanalysen abgeleitet und differenzieren sich insbesondere anhand der Ausprägungen der Gestaltungsmerkmale auf den Planungsebenen des Supply-Chain-Designs (z. B. die Koordinationsmechanismen in der Supply-Chain) und des Supply-Chain-Plannings (eingesetzte Planungsverfahren, Planungshorizonte etc.). Eine Einordung dieser Konfigurationen und deren Parametrisierungen erfolgt in das Supply-Chain-Operations-Reference (SCOR) [SCC10] Modell.

Weiterführender Arbeitsschritt ist die Überführung dieser Referenz-Supply-Chain-Konfigurationen in ein System-Dynamics-Modell zur Simulation des Systemverhaltens sowie die Definition und Ableitung von Szenarien bezüglich des exogenen Marktverhaltens im Serienanlauf. Über die zuvor entwickelten und modellierten Wirkmodelle werden nachfolgend die Reaktionsfähigkeit sowie dessen Auswirkungen auf den Produkterfolg in Abhängigkeit der verschiedenen Referenz-Konfigurationen und Szenarien bewertet. Den Abschluss der Dissertation bildet die Validierung des entwickelten Vorgehensmodells bei einem Hersteller elektronischer Komponenten sowie bei einem pharmazeutischen Auftragsfertiger.
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